LEE
Der Ausblick aus der Penthouse Suite seines Hotels ‚White Pearl‘ war grandios, auch wenn ihm das Bild der schillerndsten Vergnügungsmetropole für Erwachsene in Amerika keineswegs imponierte. Dieser Ort löste höchstens einen Brechreiz in ihm aus, was vermutlich daran lag, dass Lee die dunkelsten Ecken der Stadt um einiges besser kannte als die Touristenhochburgen. So war das immer. Was sagte sein Freund Finn stets? Wo eine Menge Licht ist, gibt es genauso viele Schatten und umgekehrt. Er goss sich ein weiteres Glas des Single Malt Whiskys nach. Das flüssige Gold war eins der unzähligen Geschenke seiner Geschäftspartner gewesen, mit denen sie ihm zur nächsten Neueröffnung seiner Luxushotelkette ‚White Pearl‘ gratuliert hatten. Lee hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, nachzusehen, wem er dieses Geschmackserlebnis verdankte. Der Flasche nach zu urteilen, musste es ein edler Tropfen sein, aber das spielte keine Rolle, denn ihn interessierte nur, dass der Alkohol schnell seine Wirkung entfaltete. Er hörte das klackernde Geräusch billiger Schuhabsätze auf dem Marmorfußboden und schloss gequält die Augen. Er erinnerte sich zwangsläufig an seine Eroberung des letzten Abends, die bis eben noch die Vorzüge des einzigartigen Badezimmers genossen hatte. Charlotte? Oder war es Claire? Lee rieb sich gequält über das Gesicht und kämpfte gegen den Impuls an, sie direkt zum Teufel zu jagen.
„Hey, Schöner“, hörte er sie auch schon säuseln. Sie war vielleicht keine Prostituierte, aber dennoch einzig und allein an seiner Brieftasche interessiert. „Ich dachte, du würdest mir noch einen Besuch in der Dusche abstatten?!“
Während sie auf ihn einredete, setzte sie sich auf die Armlehne des tausend Dollar Sessels, schmiegte ihre Brüste aufreizend an Lees nackten Oberkörper und ließ ihre Hand mit den grell lackierten Krallen über seine straffen Bauchmuskeln gleiten. Plötzlich widerte ihn alles an der eigentlich attraktiven Brünetten an. So war das jedes Mal. Wenn er bekommen hatte, was er wollte, verlor er das Interesse. Er wusste, es war irrational und vollkommen daneben, aber er konnte nicht aus seiner Haut und befreite sich rücksichtslos aus ihrer Umklammerung. Seine nackten Füße berührten den seidigen Perserteppich, während er über seinen muskulösen Oberkörper strich, als könne er dadurch ihre Berührung ungeschehen machen. Ein Blick in ihre Augen reichte aus, um seine restliche Beherrschung zunichtezumachen. Unglaube und schieres Entsetzen ließen ihn nur noch reagieren und so packte er sie grob am Arm. „Was hast du genommen?“, herrschte er sie an.
Das verräterische Schniefen und der unbewusste Griff an die Nase waren nur ein weiteres Indiz für ihren Drogenkonsum. Beim genaueren Betrachten erkannte Lee die geweiteten Pupillen, die blutunterlaufenen Augen und fühlte sich unerwartet heftig in eine Zeit seines Lebens zurückversetzt, die er mit aller Macht vergessen wollte. Genauso wie diese Stadt, holten ihn die längst verdrängten Dämonen wieder ein. Empört riss sich die Frau von ihm los. „Hey, ich dachte, wir wollten ein bisschen Spaß haben?“, brüllte sie unkontrolliert.
„Glaub mir, Schätzchen, wir haben völlig unterschiedliche Ansichten von Spaß.“ Er griff zu der Tasche am Boden und warf sie ihr zu. „Verschwinde und nimm dein Teufelszeug mit. Damit will ich nichts zu tun haben.“
Ihre anfängliche Aufgeregtheit schlug typischerweise in Aggressivität um. „Aber für einen Fick war ich gut genug, du Scheißkerl?“ Doch anstatt sich nach seiner Ansage vom Acker zu machen, stapfte sie zu dem kleinen Beistelltisch und warf zuerst zwei Gläser auf den Marmorboden. Ihre nächsten Worte gingen im Klirren des Glases unter. Mit Entsetzen sah er, wie sie den Whisky ins Auge fasste, ergriff und damit auf ihn zielte. Er konnte ihrem Wurf gerade so ausweichen und nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass die Flasche an der Säule mit dem kostbaren Gemälde einer neu aufstrebenden Künstlerin in unzählige Einzelteile zerbarst.
Es kostete ihn extrem viel Kraft, nicht die Beherrschung zu verlieren. Grazil sprang er in einem einzigen Satz über den zu seinen Füßen liegenden Scherbenhaufen und griff nach ihr. „Wie immer hab ich ein Händchen für die Irren!“ Mit diesen Worten schob er sie grob zur Tür, die sich bereits öffnete. Sein Sicherheitspersonal, alles breitschultrige und durchtrainierte Gorillas, stürmte auf ihn zu und nahm die vor Wut zeternde Frau mit sich. Sein persönlicher Berater, den er die meiste Zeit um sich hatte, sah ihn stirnrunzelnd an. „Alles in Ordnung mit Ihnen, Sir?“
„Nichts passiert, Greg“, entgegnete er, fügte dann allerdings hinzu: „Sollte ich jedoch in nächster Zeit wieder eine Frau hierher einladen, erinnere mich daran, den guten Whisky wegzuschließen.“
Greg schmunzelte und Lee fühlte sich etwas besser. Es war leichter, den alles weglächelnden Sonnyboy zu spielen, statt jemandem die dunklen Abgründe seiner Seele zu zeigen. „Licht und Dunkelheit“, murmelte er leise und hob verwundert seine Brauen.
„Was sagen Sie da, Sir?“, fragte sein Assistent neugierig. Lee winkte nachdenklich ab. „Wird gemacht, Mr. Campbell! Lassen Sie mich das für Sie wegmachen.“ Greg war in den letzten Jahren von einem Angestellten zu einem Vertrauten, ähnlich einem Onkel, geworden. Er war schon in den Vierzigern, bewahrte stets die Ruhe und sorgte besser für ihn als je ein Mensch zuvor. Abgesehen von seinen Freunden des Millionaires Club stand Greg ihm am nächsten. Einen Umstand, den Lee nur ertrug, weil er ihn dafür großzügig entlohnte. Seine Zurückhaltung in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen ließ sich weit in seine Vergangenheit zurückverfolgen. Auch wenn ein Psychiater Freude an seiner verkappten Seele gehabt hätte, kannte Lee seine Macken und hatte beschlossen, mit ihnen zu leben, statt sie zu bekämpfen.
„Lass nur, ich kümmere mich selbst darum.“ Verwundert hielt Greg in seiner Bewegung inne und sagte dann: „Wie Sie wünschen. Ash Patterson hat bereits einige Male angerufen, ebenso Mr. Hadley und Mr. Sànchez. Sie waren alle … besorgt …“
„Diese Nervensägen“, murmelte Lee, während er einen unbenutzten Sektkühler nahm und darin die entstandenen Glasscherben sammelte. Seine Freunde des Millionaires -Club waren eindeutig die größten Glucken, die er kannte. Im Vergleich zu ihnen waren sogenannte Helikopter-Mütter sorglose Hippies. „Die sorgen sich sicher wegen Ashs besonderem Tag. Aber ich hab alles im Griff.“
„Es ging ihnen viel mehr um Ihr … Befinden. Was soll ich ihnen diesbezüglich sagen?“
Seufzend ging Lee auf die Knie und stieß einen ungehaltenen Fluch aus. Nervige, arglistige Kröten. Auch wenn er wusste, dass sie sich nur um ihn sorgten. „Ich kümmere mich darum. Sie werden sowieso keine Ruhe geben, bis ich mich persönlich melde.“
Greg nickte zufrieden und war bereits auf dem Weg hinaus. Ein Zettel, der an einem Band um den Hals der Flasche baumelte, war Lee ins Auge gefallen. Es konnte nicht schaden, zu wissen, bei wem er sich für den edlen Tropfen bedanken musste.
„Man of Honor“ stand darauf und Lee spürte, wie ihm das Blut aus den Adern wich und er unter der sanften Sonnenbräune, die seine Attraktivität normalerweise unterstrich, aschfahl wurde. Wie versteinert blickte er auf die Worte in seiner Hand und kämpfte gegen das Bedürfnis an, wild um sich zu schlagen. „Greg?“, rief er erneut mit brüchiger Stimme.
„Sir?“
„Wann wurde diese Flasche gebracht?“
„Sie wurde gestern Abend an der Rezeption abgegeben, wurde mir gesagt.“
„Ich will wissen, wer der Bote war. Lass dir die Überwachungsbänder geben.“ Fassungslos starrte Lee auf die grazil gezeichneten Worte und setzte ein dringliches „Sofort!“ hinterher.
„Ist etwas nicht in Ordnung, Mr. Campbell?“, fragte Greg besorgt.
„Nein, Greg, nichts ist in Ordnung.“
Lees Hand schloss sich fest um den abgebrochenen Flaschenhals, dessen Schnittkanten sich unnachgiebig in seine Haut bohrten, sodass Blut auf den Teppich tropfte. Doch dieser Schmerz war nichts gegen die seelischen Qualen, die Lee in diesem Moment durchstand und er hätte alles getan, um sich aus den Fängen seiner Vergangenheit zu befreien.
REESA
Der Sonnenuntergang war für die zwielichtige Bevölkerung von Las Vegas das Stichwort, aus ihren Löchern zu kriechen. Zeit der Vampire nannte Reesa den stadtbelebenden Übergang von Tag zu Nacht, denn für Junkies, Prostituierte und jene zweifelhaften Kerle, die einen Job zu erledigen hatten, boten die länger werdenden Schatten reichlich Verstecke, um genügend Geld für eine Flasche Wodka, einen neuen Schuss oder das nächste Frühstück zu verdienen. Auf jemanden, der sein Leben lang in Las Vegas lebte und ihre Schattenseiten kannte, übte der künstlich inszenierte Glamour keinerlei Faszination mehr aus. Während die Vergnügungssüchtigen aus aller Welt nur Augen für die glitzernde Wüstenstadt mit all ihren Attraktionen hatten, war der trostlose und kriminelle Teil von Las Vegas Reesas Realität. Schon damals, als sie noch zur Schule gegangen war, hatte jeder zweite ihrer Klassenkameraden ein Problem mit Alkohol, Drogen oder dem Gesetz gehabt. Sexshops, die scheinbar weit mehr zu bieten hatten als in anderen Städten, und Männer, die sämtliche weibliche Wesen belästigten, weil sich das in Vegas wohl so gehörte, waren hier alltäglich. Bis auf ihren Bruder hatte es kaum jemanden gegeben, der sie vor sexuellen Übergriffen beschützen konnte, doch auf Tonys Hilfe musste sie schon eine ganze Weile verzichten. So hatte sie selbst gelernt, damit umzugehen. Eine Flasche Pfefferspray und eine Pfeife, ebenso wie ein kleines Klappmesser in ihrem Stiefel, sorgten nun dafür, dass sie sich sicher fühlte.
Obwohl es noch ziemlich warm war, trug sie einen Trenchcoat über ihrem Jeansrock und dem luftigen Top. Ihre blonde Wallemähne hatte sie unter einer riesigen Mütze versteckt, lediglich einzelne Strähnen bahnten sich den Weg in die Freiheit. Diese Vorkehrungen boten ihr den Schutz, den sie so dringend brauchte, und verbargen sie vor den anzüglichen Blicken der Männer auf der Straße. Reesa war kein Freiwild, das sich gern begaffen ließ, es sei denn, sie legten eine Stange Geld dafür hin. Doch selbst dann konnte Reesa für sich selbst entscheiden, ob sie ihr Fleisch zur Schau stellen wollte. Und das machte für sie den großen Unterschied. Der Job im ‚Montenegro‘, einem Gentleman-Club, versprach die dreifachen Einnahmen, sodass sie endlich das cholerische Maul ihres fetten Vermieters stopfen konnte. Die Müdigkeit steckte ihr in den Gliedern, obwohl sie noch mal geschlafen hatte, nachdem sie von ihrer Frühschicht am Drive-in-Schalter zurückgekommen war. Ihr straffes Arbeitspensum brachte Reesa einfach keine ausreichende Erholung. Trotz der warmen Temperaturen fröstelte es sie, wahrscheinlich aufgrund der Erschöpfung. Sie blickte die stark befahrene Straße entlang, schob ihre kalten Hände in die Manteltaschen und lief mit gesenktem Kopf zum Hintereingang ihres Arbeitsplatzes. Logan, der Chef des ‚Montenegro‘, hasste es, wenn sie in ihrem Schlabberlook die Gäste ernüchterte. Hinter dem Club angekommen, setzte sie ihr gesamtes Gewicht ein, um die schwere Metalltür zu öffnen. Ein Türsteher sah ihr entgegen und grüßte sie mit einem knappen Nicken.
Sterling Angel schallte ihr entgegen und Reesa wusste sofort, dass Lisa gerade mit ihrer Catwoman-Show dran war, die schon als Klassiker zählte. Den sich anziehenden und schminkenden Mädchen wich Reesa geschickt aus. Sie schenkte ihnen ein unverbindliches Lächeln, denn die wenigstens waren lang genug da, um sie tatsächlich kennenzulernen. Sie ging zum Vorhang, schob ihn einen Spalt zur Seite und sah ihrer einzigen Freundin beim Tanzen zu. In ihrem Lack-und-Leder-Outfit räkelte sich Lisa gerade lasziv auf der Bühne und bewegte sich wie immer erstklassig zur Musik. Lisa Hiller, oder Kitty, wie man sie hier allgemein nannte, war ein paar Jahre älter als sie und in den vergangenen Monaten zu einer Freundin für Reesa geworden. Sie hatte sie am Anfang unter ihre Fittiche genommen, als Reesa vor ihren Shows noch wie Espenlaub gezittert und mehr Schaden als Nutzen für Logans Gentlemen-Club bedeutet hatte. Lisa hatte das Potenzial in ihr gesehen und nicht verlangt, dass sie sich in ein Domina-Kostüm warf. Stattdessen hatte sie Reesas feenhaftes Aussehen, ihre verletzliche Seite und den jugendlichen Charme hervorgehoben und stärker auf rosa Extensions gesetzt als auf Lack und Leder. Und wie sich herausstellte, war die Rolle der Faye wie gemacht für Reesa. Seitdem waren nun ein paar Monate vergangen und sie musste sich nicht mehr nach jeder Vorführung übergeben. Das Strippen gehörte mittlerweile zu ihrem Alltag wie der Job am Drive-in-Schalter, allerdings warf es wesentlich mehr Geld ab, welches Reesa dringend benötigte.
Gedankenverloren zog sie ihre Mütze runter und riss sich von Lisas Anblick los, um sich selbst für ihren Auftritt fertig zu machen. Eigentlich hätte Lisa längst Feierabend machen sollen, doch Shelly fiel an diesem Abend aufgrund eines schweren Asthmaanfalls ihres Sohnes aus. Reesa durfte gar nicht darüber nachdenken, wie es Shelly, die von den horrenden Arztrechnungen beinahe aufgefressen wurde, gerade ging. Jedes Mädchen hatte ihr eigenes, ganz persönliches Schicksal zu tragen, doch Reesa wusste, dass keine von ihnen bemitleidet werden wollte. Auch sie zählte dazu. Das Leben kostete nun mal Geld und dies war ein Job, der mehr abwarf als jeder andere. In Gedanken versunken umrandete sie ihre großen blauen Augen mit Eyeliner, ohne dabei den Lidschatten zu verschmieren. Selbst im komatösen Zustand hätte sie es fertiggebracht, sich Make-up aufzutragen, dachte Reesa und lächelte Lisa zu, deren Nummer gerade geendet hatte. Sie trug einen rosa Satinmantel, der ihrer schokobraunen Haut schmeichelte. Ihr dunkler Teint und die schwarze Lockenpracht waren ihren afroamerikanischen Wurzeln geschuldet, während sie die ungewöhnlichen grauen Augen ihrer polnischen Mutter zu verdanken hatte. Reesa beneidete sie regelmäßig um ihre exotische Schönheit und ihre wunderschönen weiblichen Rundungen. Reesa dagegen war flach wie ein Brett, zumindest im direkten Vergleich mit ihrer Freundin Lisa. Ihre Statur war eher zierlich und Reesa so klein, dass sie immer auf besonders hohen Hacken laufen musste, um ihre Beine optisch zu verlängern.
„Hey, kleine Faye“, begrüßte Lisa sie und grinste ihr im Spiegel entgegen, während sie ihre hochhackigen Lackpumps von den Füßen stieß. „Ich habe gehört, Shelly fällt aus.“ Sie wechselten einen bedauernden Blick, ehe Lisa ihre Catwoman-Maske auszog und sich hinter sie stellte. Sofort begann Lisa, Reesas Locken mit dem Lockenstab zu bearbeiten. „Ich bleibe natürlich.“
„Aber …“, wollte Reesa protestieren, doch da hob ihre Freundin schon die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
„Du glaubst nicht ernsthaft, dass ich meine kleine Faye alleine lasse. Du, halbnackt inmitten einer Horde Kerle, ohne jegliche weibliche Verstärkung im VIP-Bereich. Das wäre ein Desaster.“
„Ist heute nicht dein Abend mit Ray?“, fragte Reesa vorsichtig und sah bereits, wie sich Lisas Miene verdüsterte.
„Er schafft es nicht“, murmelte Lisa und seufzte so leise, dass es, abgesehen von Reesa, niemand hören konnte. Lisa presste die Lippen aufeinander und sagte nichts weiter dazu, was Reesa stillschweigend akzeptierte. Ray und Lisa führten eine dieser On-Off-Beziehungen. Er war strikt gegen die Stripperei, aber Lisa, deren Mutter an Multiple Sklerose litt und einen Pflegeplatz benötigte, brauchte das Geld und zog sich nicht zum Vergnügen aus. „Also keine Widerrede, ich bin in deiner Nähe.“
Insgeheim war sie erleichtert, dass sie nicht alleine für den privaten Lap-Dance-Bereich zuständig sein würde. Reesa hakte sich gestylt und sexy verkleidet bei ihrer Freundin unter und war bereit, das ‚Montenegro‘ zu betreten.
LEE
„Hey, Bro, du siehst aus, als hätte dir jemand dein Eis geklaut.“ Dante hatte seine muskelbepackten Arme vor der Brust verschränkt und wirkte eher wie ein Bodyguard als ein Clubbesitzer. Neben ihm fühlte sich Lee immer wie ein schmächtiger Lulatsch, obwohl er sich über seinen Körperbau nicht beklagen konnte. Seine Muskeln waren wohlproportioniert und genau an den richtigen Stellen. Aber anders als seine Freunde Dante und Tanner war er weder ein ehemaliger Eishockeyspieler noch ein durchtrainierter Sicherheitschef. Es war kaum zu übersehen, dass Dante sich schrecklich unwohl in seiner Haut fühlte, ob das nun an der Seidenmaske lag, die sein Gesicht verbarg, oder an unzähligen halb nackten Frauen, war nicht zu erkennen. An diesem Abend trugen alle Gäste des ‚Montenegro‘, einem High-Class-Gentleman-Club, schwarze Masken. Das Motto war „Venezianische Nacht“ und diente vor allem dazu, die Identität der Gäste zu wahren. Grundsätzlich galt stets eine einvernehmliche „Wir-erkennen-uns-nicht“-Absprache, doch einige Männer fühlten sich dank solch kleiner Details wohler in ihrer Haut. Keine Berühmtheit, kein hochrangiger Politiker oder harter Geschäftsmann wollte der Presse oder den Ehefrauen einen Grund für einen Skandal liefern. Lee winkte bloß ab und deutete stattdessen auf Ash, das Geburtstagskind.
„Meinst du, wir bringen ihn auf andere Gedanken?“, versuchte er, von seinen Problemen abzulenken und Dante ein viel interessanteres Thema zu liefern.
Dante verzog sein Gesicht zu einer Grimasse und kratzte über seinen Arm. „Wollen wir hoffen, dass er den Versuch, seinen Ärger kurzweilig zu vergessen, nicht völlig ausarten lässt.“ Sie beide blickten zu dem feiernden Völkchen, bestehend aus Ash und ihren Freunden, die gerade wieder eine Runde Tequila-Shots hinunterkippten. Jayden prustete heftig, während die anderen um ihn herum in wieherndes Gelächter ausbrachen und Ash ihm auf den Rücken klopfte. Lee verspürte keineswegs den Drang, sich an diesem Abend zu betrinken, denn seine Gedanken kreisten nach wie vor um die Botschaft an der Whiskyflasche. Die unterschwellige Warnung, die in diesen wenigen Worten mitschwang, versetzte ihn geringfügig in Panik. Sich mit der Unterwelt in Las Vegas anzulegen, gehörte nicht zu seinem Tagesplan. Andererseits war eine derartige Reaktion zu seiner Rückkehr zu erwarten gewesen. Was erwartete er denn? Dass die Unterwelt Augen und Ohren verschloss, bloß weil er jetzt ein prall gefülltes Konto hatte? Wie lange würde es wohl dauern, bis es einen direkten Zusammenstoß geben würde?
Mit einem kräftigen Kopfschütteln vertrieb er seine trüben Gedanken und sah direkt in die dunklen Augen des riesenhaften Hünen. Wie versprochen, verbrachten sie Ashs Geburtstag in Vegas und er hatte alle Jungs in sein noch nicht eröffnetes Hotel eingeladen. In wenigen Tagen war die Eröffnungsfeier seines fünften Hotels ‚White Pearl‘ und kurzerhand hatten einige seiner Freunde beschlossen, einen Kurztrip in die Vergnügungsmetropole zu machen. Momentan feierte der Millionaires Club im Montenegro, dessen Besitzer Logan Dante persönlich kannte und ihnen so den VIP-Room reservieren konnte. Obwohl die Stimmung unter den Freunden Knox, Ash, Chandler, Jayden und Adam ausgelassen war, kam sich Lee heute wie eine Spaßbremse vor. Er gab sich wirklich Mühe, unter den Feierfreudigen nicht weiter aufzufallen. Seine miese Laune sollte Ashs Geburtstag nicht ruinieren, denn der hatte im Augenblick genug Ärger wegen der Hochzeit mit seiner großen Liebe Ivy. Der Druck der Öffentlichkeit und ihrer Familie setzte beiden zu und belastete die ansonsten harmonische Beziehung sehr. Lee glaubte fest an ihre Liebe, zumindest würde es seine Grundsätze tief erschüttern, sollte es je zum Bruch zwischen ihnen kommen. Wenn es jemand schaffen konnte, dann der Charmeur und das Supermodel. Trotzdem fand Lee, dass Ash eine Pause bitter nötig hatte und was war dafür besser geeignet, als ein Abend mit seinen engsten Freunden? Insgeheim hatte er gehofft, dass er selbst auf andere Gedanken kam.
„Ich weiß auch nicht, vielleicht bin ich einfach nur nervös wegen dieser Eröffnungsfeier.“ Aus irgendeinem Grund fühlte sich Lee schlecht dabei, seinen Freund anzulügen. Zwar kamen die Jungs vom Millionaires Club einer Familie gleich, dennoch hatte er ihnen nie seine wahre Herkunft offenbart. Adam hatte er damals in New York kennengelernt, nachdem Lee Las Vegas auf unbestimmte Zeit verlassen musste. Die Jungs hatten ihn und seine Vergangenheit niemals hinterfragt, wofür Lee ihnen sehr dankbar war. Dennoch war er überzeugt davon, dass seine Freunde längst mehr von ihm wussten, als er gern zugeben wollte. Auch wenn Lee sich nichts sehnlicher wünschte, als diesen dunklen Teil seines Lebens endlich vergessen zu können, schien es für die Jungs und ihre Loyalität ihm gegenüber keine Rolle zu spielen, wo er herkam. Sie akzeptierten ihn so wie er war. Also hatte es nie ein tiefergehendes Gespräch darüber gegeben, obwohl sich Lee immer ein wenig wie ein Außenseiter fühlte. Die Gründer des Millionaires Club waren sozusagen miteinander aufgewachsen. Sie kannten einander besser als jeder andere und beinahe alle Details aus ihren Leben. Selbst Dante, der wie Lee selbst auch erst später hinzukam, hatte kaum Geheimnisse vor ihnen. Für Lee war diese Offenheit unmöglich und an manchen Tagen machte es ihn traurig, dass ihm deswegen niemand wirklich nahe sein konnte. Andererseits wusste er genau, dass er sich glücklich schätzen konnte, diesen privilegierten Lebensstil im Kreise solcher Freunde führen zu dürfen. Er sollte also aufhören, das Haar in der Suppe zu suchen und stattdessen zufrieden darüber sein, dass er heute überhaupt hier sein durfte. Außerdem brachte er seine Freunde dadurch nicht unnötig in Gefahr.
„Erde an Lee Campbell!“ Dante wedelte vor seiner Nase herum und Lee kehrte ruckartig in die Wirklichkeit zurück.
„Hey, Mann, wo bist du denn nur mit deinen Gedanken?“, fragte jetzt auch Adam, der plötzlich neben ihm aufgetaucht war und ihn erwartungsvoll ansah. „Du ziehst einen Flunsch wie mein Schwieger-Stiefvater, wenn die ‚Chicago Bulls‘ verloren haben.“ Ein freches Grinsen huschte über sein Gesicht, ehe er wieder ernst wurde. „Was stimmt nicht mit dir? Hier sind ein ganzer Haufen heißer Girls, und statt dich umzusehen und dich zu amüsieren, ziehst du die Gesellschaft von Dante und mir vor. Bist du depressiv?“
„Vielleicht freue ich mich einfach, euch wiederzusehen?“ Adam verzog seine Miene zu einer ungläubigen Grimasse. „Ach komm schon, uns hast du die nächsten Tage doch auch noch an der Backe. Du bist frei und ungebunden und, im Gegensatz zu dem Grizzlybär da, noch jung und knackig …“ Seine Augen funkelten vor Vergnügen, als er Dante herausfordernd ansah. Mit dem Briten wurde es nie langweilig, er scherzte und ärgerte seine Freunde nur zu gern und Dante war stets ein beliebtes Opfer.
Dante hob die Brauen und fragte möglichst anteilnahmslos: „Entschuldige mal, aber ist das da etwa eine neue Speckrolle, Mr. Hadley?“ Diese Anspielung war ziemlich gemein, denn Adam hatte in den letzten Monaten mit ein paar zusätzlichen Pfunden zu kämpfen. Seine Freundin Lian war eine hervorragende Köchin und verwirklichte ihren Traum, indem sie an einer der exklusivsten Kochschulen in Paris lernte. Adam hatte ihren Köstlichkeiten in den vergangenen Monaten ein paar Mal zu oft nicht widerstehen können.
Mit einem knappen Schulterzucken überging er diese Frage großzügig und deutete stattdessen auf die vielen leicht bekleideten Frauen, die um sie herum Shots servierten. Lee war bestimmt kein Kostverächter, aber nach der vorangegangenen Erfahrung mit dem One-Night-Stand hatte er vorerst die Nase von Frauen dieser Szene voll. „Sieh dir nur diese hübschen Dinger an.“
Kopfschüttelnd stöhnte Lee und nahm einen letzten Schluck aus seinem Glas. „Ich glaube, ich geh besser. Heute bin ich nicht die beste Begleitung.“ Lee wollte bereits von seinem Hocker aufstehen, als Adam eine Hand auf seine Schulter legte.
Entsetzt über Lees ungewöhnliches Verhalten wechselte Adam einen Blick mit Dante und Ash, der sich gerade zu ihnen gesellte, und bedeutete ihnen mit wilden Gesten, ihm beizustehen. „Hey, ihr Schlappschwänze! Was stimmt nicht mit euch? Hab ich etwa extra meine unglaublich heiße Freundin in New York zurückgelassen, damit ich euch Sauerklößen dabei zusehen kann, wie ihr vor lauter Altersschwäche schon vor Mitternacht ins Bett fallt? Ich bitte euch! Wir sind in Vegas! Paaarrrttyyy!“
Verständnislos starrte Ash zwischen ihnen hin und her, wirkte aber auch nicht gerade besonders feierfreudig. Die Probleme mit Ivy gingen vielleicht doch tiefer, als Lee ahnte.
„Lee hat bloß auf die Uhr gesehen. Er möchte die Abendnachrichten nicht verpassen, bevor er mit Kamillentee ins Bett geht“, erklärte Dante dem Geburtstagskind.
„Dann sollte er auf keinen Fall seine Rheumadecke vergessen“, warnte Ash belustigt und packte Lee am Arm. „He, Alter, alles okay bei dir?“ Sorge blitzte in seinen Augen auf.
Lee roch Ashs Alkoholfahne, die ihm entgegenschlug, und wandte sich angewidert ab. „Ich will dir deinen Geburtstag nicht versauen, Bro.“
„Vielleicht hast du recht und wir sollten einfach ins Bett gehen“, brummte Ash und wirkte seltsam nüchtern in diesem Moment. Dieses Phänomen kannte Lee nur zu gut. Wenn man darauf hoffte, dass der Alkohol die dröhnenden Gedanken abstellte, dann wurden sie bloß lauter. Mit diesen Worten stand Ash auf und marschierte in Richtung der Toiletten.
„Hoffentlich ertränkt er seinen Kummer nicht im Rum“, überlegte Dante, während er genervt an seiner Maske zupfte, und Ash besorgt hinterhersah. Aus irgendeinem Grund war er immer der Vernünftigste von ihnen allen und behielt wie ein Hirte seine Schäfchen stets im Auge. Lee fand das irgendwie rührend.
„Dieses Trauerspiel kann ich echt nicht mehr mit ansehen, mein Lieber“, sagte Adam, wandte sich mit entschlossener Miene von ihnen ab und verschwand hinter dem Vorhang aus der VIP-Lounge.
„Was hat er vor?“, rief Lee und hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. Adam war, wie er zuvor schon oft bewiesen hatte, bekannt für seine drastischen Maßnahmen. Sein Freund mochte zwar seit der Beziehung mit Lian ruhiger geworden sein, doch alles in allem war er noch immer ein kleiner Partylöwe.
Dante stellte sein Glas auf dem Tisch ab und hob unschuldig die Hände. „Keine Ahnung, allerdings könntest du wirklich eine Tüte voll Spaß gebrauchen, wenn du mich fragst.“ Er zwinkerte ihm zu und hakte erneut nach: „Aber ernsthaft, Lee. Was beschäftigt dich denn nur? Du weißt, wir sind für dich da, was es auch ist.“
Lee sah in Dantes treue braune Augen. Er wusste, wenn ihm jemand verstehen konnte, dann war es Dante. Seine Geschichte mochte anders sein, die Parallelen zu Lees Vorgeschichte waren allerdings frappierend. „Die Eröffnung stresst mich ohne Ende, denn es gibt ungefähr noch eine Million Dinge, die ich in den kommenden Tagen erledigen muss“, versuchte er, sich rauszureden. Dante jedoch schien seine Geschichte nicht ganz zu überzeugen, als Ash von der Toilette zurückkehrte.
Bevor der aber weiter nachhaken konnte, kam Adam schon zurück und sein breites Grinsen deckte sich mit dem verschwörerischen Ausdruck in seinen Augen. Lee ahnte bereits das Schlimmste. Der Brite rieb sich die Hände, griff nach einer Champusflasche und schlug sie gegen den Metallkühler. Er wandte sich an Ash: „Lieber Millionaires Club, heute sind wir hier zusammengekommen, um Ashs Geburtstag zu feiern. Herzlichen Glückwunsch, Bro! Um ihm und dem Griesgram Lee den Abend ein klein wenig zu versüßen, habe ich eine besondere Überraschung für euch!“ Er schob den Vorhang zur Seite, hinter dem zwei leicht bekleidete Frauen zum Vorschein kamen. Adam legte seine Arme um ihre Hüften und sagte, als das Pfeifen und Johlen endete: „Darf ich vorstellen? Kitty und Faye, die beiden würden gern mit uns feiern. Heißt sie herzlich willkommen.“
Adam führte eine exotische Schönheit mit Katzenohren und in Leoparden-Dessous gekleidet zu Ash, der zu verblüfft war, um zu widersprechen. Unter lauten Pfiffen zog sie ihn mit sich in ein Séparée. Das andere Mädchen war eher klein und zierlich. Sie trug eine weiß-goldene Spitzenkorsage, während sie mit einer passenden Seidenmaske ihr Gesicht verbarg. Ihre üppige blonde Lockenmähne umspielte imposant ihr zartes Puppengesicht. Lee hatte eigentlich keinen speziellen Typ Frau, der ihm besonders gefiel, wenn er ehrlich zu sich war. Die Farbe der Haare oder Augen spielte für ihn kaum eine Rolle. Es musste immer das Komplettpaket stimmen und meistens entschied die Ausstrahlung darüber, ob er eine Frau anziehend fand. Diese zierliche Schönheit hatte allerdings sofort etwas Animalisches in ihm geweckt. Er konnte es nicht ganz einordnen, wahrscheinlich war es ihre Zartheit und die damit verbundene Verletzlichkeit, die ihn reizte. Jedenfalls schüttelte er den Kopf, als Adam mit den Brauen wackelte und anzüglich hinzufügte: „Lass dir den Abend versüßen!“ Zu der Frau sagte Adam: „Er ist heute ein bisschen schüchtern, aber ich versichere dir, sonst ist er ein richtiger Partykracher.“
Ohne großartig auf Lees Abwehrversuche einzugehen, steckte die Stripperin einen grazilen Finger zwischen zwei Knöpfen seines Hemdes hindurch und zog ihn von seinem Stuhl. Die Berührung löste auf seiner nackten Haut sofort ein aufregendes Prickeln aus. Wortlos griff sie nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her. Er folgte ihr brav, während er den Pfiffen der anderen Jungs lauschte, doch zu Lees Leidwesen hatte Fayes verführerischer Körper durchaus eine Wirkung auf ihn. Er schluckte seine Bedenken runter und hoffte, dass ein Lap Dance seine Sorgen für ein paar Minuten vertreiben könnte. Danach war immer noch genug Zeit, um sich mit den Dämonen seiner Vergangenheit zu beschäftigen. Sie führte ihn in ein Rondell, das mit blickdichtem goldenen Stoff verhangen war, sodass es den Anschein erweckte, sie seien ungestört. Lee wusste natürlich, dass überall Kameras zur Sicherheit der Tänzerinnen angebracht waren und jeden Schritt überwachten. Denn dies war zwar ein Gentleman-Club mit Tabledance und halb nackten Bardamen, aber er hatte Stil. Es gab keine Extras, und wenn man sich mehr als das wünschte, gab es an der Bar eine Adresse mit Alternativen und für die exklusive Kundschaft einen Limousinenservice dorthin. Mehr jedoch nicht. Logan, Dantes Freund und Besitzer des ‚Montenegro‘, sagte man zwar nach, noch ein weiteres Etablissement außerhalb von Clark County zu führen, in dem Prostitution nicht strikt verboten war, doch im ‚Montenegro‘ war das tabu. Lee hatte nie verstanden, warum man für Sex bezahlen sollte. Sein Jagdinstinkt wollte nicht bloß in einen Supermarkt geführt werden, sondern vielmehr in freier Wildbahn eine Frau für sich gewinnen. Außerdem würde er sich immer fragen, was an ihrem Abenteuer bloß einer schauspielerischen Leistung gleichkam.
„Eigentlich mache ich so was nicht“, rief er, als Faye ihn auf einem Stuhl platzierte und ihm aufreizend den Rücken zuwandte. Sie sah kokett über die Schulter zu ihm runter, legte einen Finger auf ihre rot geschminkten Lippen und bedeutete ihm, nicht zu reden. Natürlich. Diese Art von Erklärung hörte sie wohl häufiger. Rhythmisch begann sie, ihre Hüften im Takt der Musik zu bewegen, was seinen Blick auf ihren perfekt geformten Hintern lenkte, der unter dem durchsichtigen Stoff und in dem Spitzenstring besonders gut zur Geltung kam. Sie hob einen Arm über ihren Kopf, warf ihre langen Haare zurück, sodass sie sich über ihren gesamten Rücken ergossen und vollführte ein paar kunstvolle Drehungen um ihn herum, wobei sie ihn immer wieder mit Teilen ihres Körpers streifte. Langsam entspannte er sich und beschloss, ihre Show für den Moment zu genießen. Er tat nichts Falsches, sie beide waren Fremde füreinander, dank der Masken zur Anonymität verdammt, und würden sich nach diesem Tanz nie wieder sehen.
Lee schluckte beim Anblick ihrer schlanken Gestalt, als sie sich vor ihm in Position warf und sich nach vorn neigte, um ihm einen hervorragenden Einblick in ihr Dekolleté zu gewähren. Sie öffnete flink einige seiner Hemdknöpfe und bei jeder Berührung seiner Haut mit ihren Fingerspitzen durchströmten ihn kleine Blitze, die seine Aufmerksamkeit an Faye band. Als hätte sie etwas fallen lassen, beugte sie sich in einer schnellen Bewegung vornüber, sodass er direkt auf ihren wohlgeformten Po sah. Sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt auf und ab, während er den Blick kaum von ihren heißen Körper abwenden konnte. In einer eleganten Drehung richtete sie sich wieder auf. Hingebungsvoll und sexy an ihrer Lippe knabbernd, beugte sie sich zu ihm und seufzte aufreizend in sein Ohr. Ein Schauer überlief seinen Körper, der Lee überraschte. Ganz gegen seinen Willen spürte er, wie er hart wurde, als sie sich rittlings auf seinen Schoß setzte und sich an ihm rieb. Automatisch hielt er den Atem an, als sie seine Hände zu den Kordeln ihrer Korsage führte, die er öffnen sollte. Irritiert sah er in ihre blauen Augen, die ihn an den Ozean vor Hawaii erinnerten. Ein Prickeln lag in der Luft und Lee fragte sich plötzlich, was daran echt war. Beinahe von selbst öffnete sich das geschnürte Mieder und präsentierte einen durchsichtigen BH. Doch Lee betrachtete noch immer ihr hübsches Gesicht, das ihm auf einmal schrecklich vertraut vorkam. Sanft umfasste sie seine Schultern und rieb ihren Unterleib über seinen Schoss, was ihm ein erregtes Stöhnen abrang.
„Oh Gott“, entfuhr es ihm, als ihm bewusst wurde, dass er sich wie ein hormongesteuerter, dummer Jüngling benahm. Sie warf ihr langes Haar über die Schulter zurück und öffnete aufreizend langsam die letzten seiner Hemdknöpfe. Dabei blickte sie ihm tief in die Augen, legte ihren Kopf leicht schief und knabberte neckisch auf ihrer Unterlippe, während ihre Fingerspitzen über seine gebräunte Haut glitten, die im starken Kontrast zu seinem weißen Hemd stand. Nachdem ihr Zeigefinger über seine fein definierten Bauchmuskeln bis zu seinem Gürtel strich, machte sie sich an seiner Hose zu schaffen, die sich über seinem ausgewachsenen Ständer spannte. Verstohlen betrachtete sie seinen gut trainierten Körper und biss sich auf die Unterlippe, als ließe sie ihre Show auch nicht ganz kalt. Lee unterdrückte ein Keuchen und presste die Zähne aufeinander, als sie ihm erneut den Rücken zuwandte und ihren Po aufreizend an seinem harten Schwanz rieb. Geübt vollführte sie mehrere Drehungen um ihn herum und öffnete mit durchgedrücktem Rücken den BH, als sie sich wieder auf seinem Schoß platzierte.
Hätte Lee noch einen klaren Gedanken fassen können, dann wäre ihm seine Erregung, die er keineswegs vor ihr verbergen konnte, unangenehm gewesen. Doch die erotische Spannung zwischen ihnen brachte ihn fast um den Verstand. Auch ihr Atem ging stoßweise. Der BH glitt hinab und sie fasste seine Handgelenke, um seine Hände an ihre Hüften und ihren Po zu führen. Ihre Haut war samtweich und eindeutig erhitzt. Er konnte sich ihre Ekstase unmöglich einbilden, oder etwa doch? Sanft glitten ihre Hände unter sein geöffnetes Hemd und schoben es über seine Schultern, als sie auf seine Brust blickte, hielt sie kurz inne und sprang plötzlich von seinem Schoß. Fassungslos starrte sie ihn an. Der Nebel der Lust hatte sein Hirn ein paar Sekunden lang außer Gefecht gesetzt, sodass er verzögert reagierte. Ihre Miene wirkte, als hätte sie einen Geist gesehen. Irgendwas an ihm hatte sie bestürzt. Er sah an sich hinunter und entdeckte das Yin & Yang Tattoo an seinem Schlüsselbein.
Er sah, dass sich ihre Lippen bewegten, aber gegen die Musik kam ihr Wispern nicht an. „L-Lee?“, hörte er sie dann jedoch das erste Mal lauter sagen. „Oh mein Gott“, entfuhr es ihr kurz darauf und sie legte beide Hände an ihre Seidenmaske, als sie sich von ihm abwandte. Einen Sekundenbruchteil, nachdem sie seinen Namen gehaucht hatte, war ihm in Schallgeschwindigkeit alles klar geworden. Diese Stimme hätte er womöglich überall wiedererkannt.