Prolog
Bis auf das Lämpchen des Anrufbeantworters, das im Sekundentakt blinkte, war alles dunkel in der Wohnung. Endlich herrschte Ruhe, nachdem sie Mark eine Riesenszene gemacht hatte, und er daraufhin seine Party verlegt hatte. Nun saß sie hier in dem üblichen Chaos, ließ das Licht einfach aus, um die unzähligen Bierflaschen, die benutzten Kondome und leeren Essensschachteln nicht ansehen zu müssen. Wie um alles in der Welt hatte er sich dieses Essen nur leisten können? Da blitzte eine Vorahnung in ihr auf und sie eilte zu dem Versteck ihres Geldes in dem losen Dielenbrett. Sie hob es an, fasste hinein und … nichts. Es war weg. Es war in Drogen und allerlei unnützer Sachen getauscht worden und Amy schloss gequält die Augen. Tränen liefen über ihre Wangen aus Verzweiflung und Wut. Wie sollte sie je einen Neustart schaffen, wenn er sie ständig ausnahm wie eine Weihnachtsgans? Wieder kam das Licht des Anrufbeantworters in ihr Blickfeld. Sie wischte über ihre Nase, trat darauf zu und drückte auf den Abhörknopf.
„Hey Baby, ich bin es.“ Es war ihre Schwester Mary, die seltsam niedergeschlagen klang. „… ich musste gerade nur an dich denken und wollte hören, wie es dir geht. Melde dich mal, ja?“ Amy seufzte.
„Hallo Amy, hier ist dein Bruder Luke. Erinnerst du dich noch? Groß, dunkelhaarig, schlank, besonders gutaussehend und eine Granate im Bett … na gut, das kannst du nicht wissen - vergiss das wieder. Jedenfalls wirst du jetzt zum Telefon greifen und mich anrufen, klar? Denn wenn nicht, werde ich zu dir kommen müssen und dann bring ich Dad mit. Das ist keine leere Drohung, sondern ein Versprechen. Also, los. Das Telefon beißt gar nicht.“
„Mayday, Mayday … Schwester gesucht. Ich möchte gern meine Schwester als vermisst melden. Sie hatte dunkle Haare, daran erinnere ich mich noch. Sie könnten mittlerweile aber auch blau, grün oder rot sein, wer weiß das schon. Ob sie irgendwo gern hingeht? Ähm … tja, ich habe keinen blassen Schimmer. So oder so ähnlich klänge eine Vermisstenmeldung bei der Polizei, Amy.“ Lucy klang frustriert. „Melde dich doch bei uns.“
Die nächste Nachricht setzte ein, und wie es zu erwarten war, erklang Emilys Stimme: „Wie du sicher weißt, ist das eine Carhill-Intervention und mir bleibt nicht viel mehr zu sagen, als: Du fehlst uns. Komm bitte heim.“
Tränen liefen über ihre Wangen, während sie sich an der Wand zu Boden gleiten ließ und sich fragte, wessen Leben sie nur gerade führte?
Kapitel 1
Pipi – sie musste so dringend Pinkeln und die Autos krochen quälend langsam im Stau aus Maryport zurück. Sie hätte einfach noch aufs Klo gehen sollen, als sie bei ihrer Freundin die Chance dazu gehabt hatte. Doch alles hatte sie aus dieser Stadt fortgetrieben. Fort von Mark und dem Leben, das sie gehasst hatte. Sie wollte so eilig fliehen, dass es ihr unwichtig erschien, den menschlichen Bedürfnissen nachzugehen. Das hatte sie jetzt davon.
„Um Himmels willen, Amy, du machst mich ganz wahnsinnig mit deiner Zappelei. Das treibt diese Autos auch nicht schneller voran“, stöhnte Jamie, der am Steuer des großen Kombis saß, während ein kleiner Transporter mit Luke, Jake und Emily bereits in der Menge der Autos verschwunden war.
Amy lehnte den Kopf an ihre Scheibe und hielt weiter Ausschau nach dem nächsten Rastplatzschild. „Das ist bestimmt meine Strafe dafür, dass ich mich erst jetzt um meine Angelegenheiten kümmere.“ Die Strecke von Maryport nach Jarbor Hydes war unter normalen Bedingungen, in einer knappen Stunde zu bewältigen. Doch das Ende der Herbstferien trieb offenbar alle Bewohner von Cumbria nach Hause, sodass der Verkehr sich verfünffachte. „Wo kommen nur all diese Leute her?“, stöhnte sie gequält. „Wohnen die echt alle hier? Das kommt mir sonst weniger vor!“
Jamie grinste teuflisch. „Da vorn ist ein Schlagloch“, entfuhr es ihm und steuerte darauf zu.
„Wage es nicht, dann werde ich Jake keinesfalls von diesen fiesen Gemeinheiten zu deinem Junggesellenabschied abhalten“, warnte sie mit erhobenem Zeigefinger und lächelte über seine entsetzte Miene.
„Das würdest du nicht tun!?“
„Oh doch – ich bin die grausamste aller Carhill-Schwestern, vergiss das nicht.“ Amy streckte ihm die Zunge raus und stützte ihren Ellbogen am Fenster ab.
„Ach was, du kleiner Käfer! Damit kannst du mich nicht täuschen. Ich weiß, du versuchst dadurch alle auf Abstand zu halten, aber das klappt bei mir nicht. Ich habe dich direkt durchschaut.“ Zu ihrer Schande musste sie ihm recht geben. „Außerdem hat Lucy diesen Ruf nicht ganz zu Unrecht erworben, lange vor deiner Zeit.“ Jamie Dougle war in Marys und damit auch in ihr Leben reingeplatzt und hatte sie sofort als kleine Schwester auserkoren, während er Mary übernächstes Wochenende heiraten würde. Sie liebte Jamie auf eine seltsame platonische Weise, und oft erinnerte er sie an Collin, Emilys ersten Mann, der vor über zwei Jahren tödlich verunglückt war, und damit ein riesiges, klaffendes Loch im Kreise der Carhills hinterlassen hatte. Collin hatte als Lukes bester Freund bereits in der Kindheit zu ihrer Familie gehört, und deswegen war es nicht bloß ein Schwager, den sie alle verloren hatten: Er war ihr Bruder gewesen. Jamie schaffte es für Amy seinen Platz einzunehmen, so wie Jake für Luke diesen leeren Stuhl füllte. Leider behandelte Jamie sie auch manchmal wie seine kleine, nervige Schwester.
„Frag nur Luke, ich war immer schon die Rebellin und schrecke nicht davor zurück, drastische Maßnahmen zu ergreifen, um zu bekommen, was ich will. Denk nur dran, ich musste mich gegen vier Carhills und Collin durchsetzen.“
Sie machte eine theatralische Pause, in der Jamie hinzufügte: „Deinen verrückten Vater nicht zu vergessen!“
„Lass das ja nicht den Chief hören“, warnte sie und biss sich auf die Lippe.
„Gott bewahre!“, stieß er aus und demonstrierte ein ängstliches Gesicht. Im Gegensatz zu Amy war Jamies Verhältnis zum Oberhaupt der Familie Carhill sehr gut, was nicht zuletzt daran lag, dass Jamie seine Tochter Mary aus dem Feuer in ihrem Café gerettet hatte. Während die Ermittlungen zu dem Brand andauerten, lebten sie bei Robert Carhill und planten in aller Ruhe ihre Hochzeit, bis ihr Strandhaus in einigen Wochen endlich fertig gestellt war. Amy hatte kurzzeitig auch im Dachgeschoss desselben Hauses gewohnt, doch die Beziehung von ihr und ihrem Dad war bestenfalls als angespannt zu beschreiben. Es war kein Geheimnis, das Amy und ihr Vater Robert kein besonders gutes Verhältnis zueinander hatten, was mehrere Gründe hatte. Der Wichtigste war jedoch, dass er einen unerträglichen Kontrollzwang hatte. Er wollte seine Kinder vor allem Bösen bewahren, aber Amys Freiheitsdrang kollidierte mit diesem Zwang ihres Vaters immer wieder. Das war schlussendlich der Auslöser für ihre Flucht gewesen. Leider musste sie mit eingezogenem Schwanz zurückkehren und sich eingestehen, dass er Recht gehabt hatte. Die Welt war grausam und ihr Exfreund hatte ihr das auf die harte Tour beigebracht. Die passende Bezeichnung über den Zustand ihrer Beziehung wäre also unüberbrückbare Differenzen gewesen. Jetzt zog sie zurück nach Jarbor Hydes, dem Ort, in dem sie aufgewachsen war und der ihr hoffentlich die Stabilität und Sicherheit verschaffte, die sie so dringend brauchte, um sich neu zu orientieren. Denn Amy war auf der Suche, nach dem, was sie sein wollte und was sie tatsächlich war.
Endlich entdeckte sie ein blaues Schild in knapper Entfernung und rief: „Da!“ Jamie erschreckte sich so, dass er zusammenfuhr. „Klo!“
„Du sprichst also keine zusammenhängenden Sätze mehr, oder? Bist du sicher, dass das ein Rastplatz ist? Was wenn das nur so ein …“
„Fahr – Da – An!“, knurrte sie mit zusammengebissenen Zähnen und wirkte offenbar bedrohlich genug, dass Jamie sich links einordnete, und verhallten lachte.
Ein Rastplatz war es tatsächlich, sogar mit angrenzender Tankstelle, und Jamie hielt direkt vor dem Eingang, sodass Amy nur noch in die Tür hineinfallen musste. Der Hinweis an der Tür, sagte ihr, dass die Toilettenschlüssel beim Tankwart abzuholen waren. Als hätte sie dafür noch die nötige Zeit. Mit zusammengekniffenen Beinen lief sie hinein und blieb hinter einer kleinen Ansammlung von Menschen stehen. Wieso um alles in der Welt war hier so viel los? Das konnte doch bloß ein schlechter Scherz sein. Eine Familie nahm die Süßigkeiten für ihre Kinder entgegen, um die quengelnden Mäuler zu stopfen, und eine Frau vor ihr, bog noch einmal zum Bücherregal ab, sodass Amy einen weiteren Platz vorrückte. Die Erleichterung überkam sie sofort, wo zwischen ihrem Ziel und ihr bloß noch ein Kunde stand. Sie starrte nun gegen eine dunkle Lederjacke, die sich um breite Schultern spannte, und sie zappelte unruhig von einem Bein aufs andere. Der Mann vor ihr diskutierte gerade über den Preis eines Wegwerfhandys und brach nahezu einen Streit vom Zaun. Ein unzufriedener Laut musste über ihre Lippen gekommen sein, denn er drehte sich langsam zu ihr um und sah sie grimmig an. „Gibt es ein Problem, Lady?“ Sein hellbraunes Haar war ungewöhnlich voll, hatte in den Spitzen eine hellere Farbe und stand in alle Himmelrichtungen ab, als hätte er eben noch darin gewühlt. Grüne Augen fokussierten sie. Genervte, grüne Augen, die beinahe zu schmalen Schlitzen verengt waren. Er hielt seine Sonnenbrille in der Hand und hatte einen Bügel zwischen die Lippen geschoben. „Sagten Sie etwas?“, fragte er noch einmal und hätte auf jeden anderen bedrohlich gewirkt.
Amy hingegen ließ sein Auftritt kalt, zumindest wollte sie sich das einreden. Denn dieser Mann war alles andere als kalt. Erwartungsvoll hob er die Brauen und Amy schnaubte. „Es kostet an einer Tankstelle immer mehr, als im Supermarkt, das ist doch nicht ungewöhnlich, oder?“ Seine Miene nahm einen mörderischen Ausdruck an und Amy verfluchte ihre große Klappe im Stillen. Warum musste sie immer und überall, ihren Senf dazugeben?
„Und das ist ihr Problem, weil …?“, fragte er gefährlich ruhig. Amys Blick fiel auf sein getunneltes Ohrläppchen und die Tattoos, die am Rand seines T-Shirts herausragten. Er war nicht bloß gutaussehend, er war heiß und natürlich musste sie sich mit ihm anlegen, als verursachte ihre volle Blase nicht schon genug Probleme.
„Es wird Sie womöglich verblüffen, dass es Leute gibt, deren Nervenkostüm dank des Staus generell sehr dünn ist und wir alle bloß das Eine wollen …“ Sie trat ungeduldig von einem Bein aufs andere und ergänzte ihren Satz im Stillen: „Aufs Klo!“, sagte aber laut: „Nach Hause!“
„Dann werde ich Sie jetzt mal überraschen! Es ist mir scheiß egal, was Sie wollen. Ich lege keinen Wert auf Ihre Meinung, und mir ist es völlig egal, wie lange Sie warten müssen, während ich meine Angelegenheiten in Ruhe kläre.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, drehte er ihr wieder seinen Rücken zu.
„Und ob ich etwas dagegen habe!“ Sie wandte sich an den Tankwart und sagte: „Ich brauche nur den Toilettenschlüssel – dann bin ich weg und lasse Sie das Leben anderer Menschen schwer machen, und Sie alles regeln, wonach sich ihr kleinkarierter Arsch offenbar so sehnt.“ Amy wusste, dass sie zu weit gegangen war, in dem Moment, als die Frau hinter ihr erschrocken nach Luft schnappte, und sich die grünen Augen zu schmalen Schlitzen verengten und sie fokussierten. Sie starteten ein Blickduell, das Amy unangenehm ins Schwitzen brachte. Der Verkäufer betrachtete sie beide vor sich und griff mechanisch zu dem Schlüsselbund mit dem riesigen Holzanhänger ohne sie aus den Augen zu lassen, als sorge er sich, dass einer der beiden wie im Wilden Westen eine Waffe zog. Amy machte sich nichts vor, ihr Gegenüber überlegte sich gerade, ob er sie häuten, vierteilen oder anderweitig aus dem Weg räumen sollte, während er plötzlich ein gemeines Lächeln aufsetzte und nach dem Schlüssel griff, den der Tankwart über die Theke reichte. Amys Arm angelte noch danach, als sie seine Absicht erkannte und ihr Gesicht nahm einen panischen Ausdruck an. Bevor sie jedoch nur in die Nähe des Ziels kommen konnte, hielt er ihn außer ihrer Reichweite und grinste triumphierend. „Tja, meine Fahrt war lang und anstrengend. Ich denke, ich werde so kurz vor meinem Ziel noch ein paar Altlasten los.“ Seine wohlgeformten Lippen, die von einem dunklen leicht bewachsenen Dreitagebart umrahmt waren, verzogen sich zu einem gemeinen Grinsen.
Amy schluckte und entgegnete: „Sind wir jetzt also im Kindergarten ja?“
„Sie hätten einen Kindergarten wohl mal besser besucht, um den nötigen Anstand und Respekt vor anderen Leuten zu lernen, aber vielleicht ist bei Ihnen auch Hopfen und Malz verloren. Wer weiß das schon.“
„Ist das Ihr Ernst?“
„Mein völliger Ernst!“, bestätigte er und drehte sich wieder zur Theke um.
Hoffnungsvoll sah sie zum Tankstellenbesitzer. „Ist das Ihre einzige Toilette?“
Er nickte bedauernd, was Amy zum Schnauben brachte und verschränkte die Arme vor der Brust. Am liebsten hätte sie mit dem Fuß aufgestampft und laut los gebrüllt aber damit hätte sie diesem unmöglichen Kerl wohl noch mehr Munition geboten. „Wissen Sie was?“, rief sie plötzlich. „Was kostet das Teil?“ Aus ihrem Geldbeutel zog sie ein paar Pfundnoten heraus und überreichte es dem Tankwart, sodass er gewinnend lächelte. Der Mann vor ihr hob überrascht die Brauen.
„Ich muss Pinkeln, und zwar jetzt.“
„Wenn Sie darauf bestehen.“ Er grinste selbstgefällig, lehnte sich mit seinem Hintern gegen den Tresen und beobachtete sie schadenfroh, wie sie das Rückgeld entgegen nahm, ebenso wie sie zum Handy griff. Während sie beide sich anfunkelten, räusperte sich die Frau hinter ihnen. „Könnten Sie ihren … äh … Disput dann bitte draußen klären? Wir wollen nämlich auch nach Hause“, sagte sie scharf und der Fremde hob unschuldig die Arme, als hielte man ihm eine Knarre unter die Nase. Amy schnaubte und lief ohne sich noch einmal zu ihm umzudrehen vor ihm her. Als sie die abgasverseuchte Luft einatmeten, wandte sie sich impulsiv zu ihm um, stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihn an. „Her mit dem Schlüssel!“
„Sind Sie immer so?“
„Wie genau?“
„Ungeduldig? Besserwisserisch? Vorlaut? Frech? Arrogant? Selbstsüchtig? Mischen sich in Angelegenheiten anderer Leute ein?“ Er macht deutlich, dass er die Liste mit Eigenschaften durchaus noch verlängern konnte und Amy verdrehte die Augen.
„Nur wenn die Natur ruft“, antwortete sie scharf. „Sie dagegen sind sadistisch veranlagt oder quälen sie ihre Mitmenschen einfach bloß gern?“
„Ganz im Gegenteil, ich trete nur für Ungerechtigkeiten ein und dieses Telefon hier, ist mit Sicherheit vom Lastwagen gefallen.“ Mit dem Daumen deutete er auf das Handy in ihrer Hand, das Amy nun verwundert anstarrte.
Sie schnaubte. Wahrscheinlich setzte er sich auch für die bedrohten Tierarten ein, die Amy durchaus nicht egal waren, aber die ihre Nöte auch nicht sonderlich interessierten. Und „Wissen Sie was? Das juckt meine volle Blase nicht. Ich will nur aufs Klo.“ Amy spürte, wie ihre Wangen sich leicht röteten, streckte jedoch die Hand aus und wartete darauf, dass er ihr den Schlüssel gab.
Skeptisch blickte er ihr in das Gesicht. „Gleichzeitig!“
„Das ist lächerlich!“, rief sie, holte aber das Handy hervor. In Zeitlupe ließ jeder von ihnen den Gegenstand des anderen in die Hand des anderen sinken und sie sprangen ein wenig auseinander. Amy wandte ihm bereits kopfschüttelnd den Rücken zu, machte jedoch Halt und sah sich nochmal zu ihm um. „Wer kauft denn heute noch ein Wegwerf-Handy? Im Zeitalter von Flatrates und Smartphone?“
Er sah ihr lange ins Gesicht, als müsse er sich seine nächsten Worte ganz genau überlegen. „Sind Sie bloß furchtbar neugierig oder von Natur aus eine Nervensäge?“
„Allein diese vage Antwort und die Ablenkung klingen nach einem Ausweichmanöver.“ Misstrauisch betrachtete Amy ihn genauer und er legte den Kopf in den Nacken und lachte rau. Fasziniert beobachtete sie seine klar strukturierten Brustmuskeln, die gut definiert und durch den V-Ausschnitt seines Shirts deutlich zu sehen waren. Sein Lachen klang in ihren Ohren auf eine irritierende Weise erschreckend anziehend. Kurzzeitig vergaß sie die Dringlichkeit, die hinter ihrem Tankstellenbesuch lauerte und sah in seine Augen, die sich auf sie geheftet hatten, als wundere er sich über ihr Verhalten.
„Sagen Sie, sind Sie ein Cop und mussten Sie nicht dringend aufs Klo?“
Sie schüttelte den Kopf, als müsse sie ihre Gedanken neu ordnen und zuckte bloß mit den Achseln, ehe sie sich von ihm abwandte und rief: „Schönes Leben noch!“
„Freuen Sie sich nicht zu früh, denn in der Regel begegnet man sich immer zweimal im Leben“, hörte sie ihn sagen. Als sie in der Toilette verschwand, drückte sie mit ganzer Kraft die Tür hinter sich ins Schloss und stützte ihren Arm dagegen, als müsse sie ihre verwirrenden Empfindungen aussperren. Der Drang zur Toilette war beinahe nebensächlich geworden, denn das wilde Herzklopfen trommelte so heftig gegen ihre Rippen, dass es ihr schlicht den Atem nahm. Mit einer Hand auf der Brust und betont gleichmäßigen Atemzügen, beruhigte sie es wieder und schüttelte irritiert den Kopf. Männer waren das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, und vor allem Männer wie er, die zwar unverschämt gut aussahen, jedoch offensichtlich zwielichtige Züge an sich hatten, sollte sie weiträumig umfahren. Entschlossen verbannte sie den Gedanken an dieses irritierende Zusammentreffen in eine Schublade ihres Innersten und verrichtete endlich ihre Not. Artig gab sie den Schlüssel wieder in der Tankstelle ab und lief zum Auto zurück, wo ein verwirrter Jamie auf sie wartete. Er lehnte an der Motorhaube und stieß sich davon ab, als sie auf ihn zukam. „Wo hast du gesteckt? Ich dachte, du wolltest bloß zum Klo?“ Amy schüttelte grimmig den Kopf.
„Frag nicht!“, winkte sie ab und öffnete die Beifahrertür, als ihr Blick sich wie von selbst nach links zur gegenüberliegenden Parkbucht wandte. Dort saß der Mann auf einem Motorrad, hielt seinen Helm in der Hand, lächelte herablassend und zwinkerte ihr zu. Lauthals verkündete sie: „Überall nur Idioten auf der Straße.“ Er zog den Helm auf und klappte sein verblendetes Visier runter, sodass ein Blick in seine Augen unmöglich war. Dann startete er das Motorrad und brauste davon. „Angeber!“, murrte sie und beobachtete, wie er sich mit einem Affenzahn an den im Stau stehenden Autos vorbeischlängelte.
***
„Bist du sicher, dass es die richtige Entscheidung war, hier einzuziehen?“, fragte Mary sanft, als sie neben Amy in ihrer neuen Wohnung stand. Skeptisch hatte sie eine Hand gegen ihre Lippen gepresst, während sie die heruntergekommene Einbauküche betrachtete, die ihre Vermieterin Mrs. Rushford ihr großzügiger Weise überlassen hatte und aus den Vorkriegszeiten zu stammen schien, ebenso wie Mrs. Rushford.
Amy seufzte und entgegnete: „Du meinst, weil ich nicht bei Dad eingezogen bin?“ Ein freudloses Lachen entglitt ihr und sie fügte hinzu: „Stell dir das Mal vor! Ihr zieht bald in euer kleines Traumhaus am Strand, und dann wäre zwischen Dad und mir kein Puffer gewesen. Wir hätten uns innerhalb der ersten Woche zerfleischt.“
„Vielleicht hast du recht, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei, dass du allein in dieser Bruchbude wohnst“, gab sie zu bedenken. Mary stöhnte, als sie den in die Jahre gekommenen Durchlauferhitzer unter dem Spülbecken betrachtete, und fügte zweifelnd hinzu: „Es ist nur, weil du gerade jetzt ein wenig mehr … Schutz gebrauchen könntest, oder nicht?“ Amy beobachtete das Seitenprofil ihrer großen Schwester und lächelte, als ihr der hübsche Babybauch ins Auge fiel. Ihre Schwester Mary war im achten Monat schwanger, und soweit das überhaupt möglich war, noch viel schöner geworden. Sie hatte immer schon die beste Ausstrahlung aller Carhills gehabt, was allein daran lag, dass sie der beste Mensch war, den Amy kannte. Sie war gutherzig, loyal, selbstlos und eine verdammte Mutter Theresa. Das musste schließlich irgendwie belohnt werden und so wurde ihre Schwester zur Carhill-Schönheitskönigin. Seit ihrer Schwangerschaft strahlte sie bloß noch mehr, was natürlich vor allem an dem Baby lag, das bald auf die Welt kommen würde. Doch auch die Liebe zu Jamie war ein Grund, weswegen Mary stetig lächelte. Sie hatte endlich den Einen gefunden und Amy konnte ihre Schwester nur zu gut verstehen. Jamie war nicht nur ein liebevoller Partner und Vater, er war auch ein ziemlich heißes Genie. Bis vor wenigen Monaten hatte er für die Formel 1 und Jake O’Reileys Radamos Team gearbeitet und Autos zusammengeschraubt, was neben Mary Jamies größte Leidenschaft war. Nach einem ungerechtfertigten Vorwurf, der mittlerweile widerlegt war, wollte Jamie vor allem eins: In Jarbor Hydes und seiner Familie sein. Deswegen hatte er an einem Abend, während er mit Jake an dem Auto seines verstorbenen Vaters geschraubt hatte, begonnen eine Firma zu gründen, die sich auf die Entwicklung innovativer Motoren stützte. Innerhalb von Monaten war daraus zwar ein kräftezehrendes, aber lohnenswertes Projekt geworden, was der kleinen Familie, nach dem Brand von Marys Café vor allem eins gab: Finanzielle Unabhängigkeit. Der Brand und damit der ganz persönliche Angriff der Henderson-Brüder auf ihre Familie hatte etwas in ihr und allen Carhills verändert. Leider konnte ihnen niemand diese Tat nachweisen, auch wenn Bud vor Robert nie einen Hehl daraus gemacht hatte. Sie hatten gespürt, wie verwundbar sie allein waren und rotteten sich noch mehr zusammen als ohnehin schon. So kam es, dass Mary und Jamie vorübergehend in Emilys alter Wohnung bei ihrem Vater eingezogen waren, während Lucy und Darrell einige Zeit im Halleberry Castle verbrachten, wenn Jake, wegen der diversen Formel 1 Rennen, unterwegs war. Die Saison war jedoch bald vorbei und der Bau von Lucy und Darrells Hauses auf dem Grundstück der Gordons ging gut voran, dass sie bald ihre eigenen vier Wände hatten. Deswegen war es fast ein wenig trotzig von Amy, dass sie trotz der allgemein angespannten Situation nicht komplett in den Schoß ihrer Familie zurückkehrte, sondern bloß in den gleichen Ort zog. Seit dem Tag des Brandes, wo Mary beinahe ihr Leben gelassen hätte, wenn Jamie sich nicht wie ein Superheld in die Flammen gestürzt hätte, um sie zu retten, hatte ihr Vater, der Polizeichef des Ortes, alle Hebel in Bewegung gesetzt und versucht Bud Henderson, dem Anführer der kriminellen Bande, das Handwerk zu legen. Doch Brandstiftung nachzuweisen war ein langwieriger Prozess und so war Robert Carhill mittlerweile am Verzweifeln. Es hatte beinahe schon paranoide Züge angenommen, sodass ihr schwieriges Verhältnis sich zunehmend verschlechterte.
„Er macht sich bloß Sorgen“, versuchte Mary sie milde zustimmen.
„Du meinst, er will die Kontrolle über mein Leben haben“, korrigierte sie und Mary rollte mit den Augen.
Sie begann ein paar Gläser aus Abtropfgitter zu trocknen und die obersten Hängeschränke einzuräumen. „Du bist sehr melodramatisch oder? Immerhin hat er allen Grund gehabt, sich zu sorgen oder etwa nicht?“
„Das ist gemein, Mary, besonders für dich.“ Amy strich durch ihre dunklen, fast schwarzen Haare, die bis zu ihrem Po reichten. Die lilafarbenen Strähnen waren fast ausgewaschen, doch Amy brachte es nicht fertig, sich einen neuen Lock auszusuchen. Im Augenblick wusste sie kaum wer sie eigentlich war und was sie von sich und ihrem Leben erwartete. „Mag sein, aber nur weil ich ein schlechtes Händchen bei der Wahl meiner Freunde habe, gibt es ihm nicht das Recht, mich wie einen Schießhund zu bewachen.“
„Ach Süße, er ist unser Vater und er liebt uns! Guck nicht so, ich will ihn gar nicht nur in Schutz nehmen. Er schießt durchaus übers Ziel hinaus und übertreibt. Er hätte Marks Akte nicht öffnen und ihn unter Generalverdacht stellen dürfen. Das ist absolut wahr, aber er hat sich entschuldigt und du bist so schrecklich nachtragend, dass …“
„Er beweist jeden Tag, dass er sich nicht ändert, Mary! Denk nur an seine Reaktion, als ich ihm von der Wohnung erzählt habe.“
Mary stützte sich an der Küchenanrichte ab und schloss gequält die Augen. „Bitte Amy, gib ihm eine echte Chance. Du kannst ihn doch nicht für alles aus deinem Leben ausschließen!“
Bevor Amy etwas dazu sagen konnte, mischte sich eine ächzende Männerstimme ein: „Außerdem hatte er doch den richtigen Riecher, oder nicht?“ Es war Jamie, der eine Waschmaschine mit Hilfe von Jake hochschleppte.
Amy rollte mit den Augen. „Mag ja sein, aber ich bin keine Fünf mehr. Ich muss meine eigenen Fehler machen dürfen.“
Jamie und Jake kamen aus der winzigen Abstellkammer heraus, als sie die Maschine umständlich hineingestellt hatten. „Da ich bald Vater werde, weiß ich nicht, wie ich damit umgehen sollte, wenn meinem Sohn etwas geschieht. Ich darf gar nicht daran denken, wenn ich eine Tochter hätte …“ Er brach ab, zog Mary an sich und streichelte über ihren gigantischen Babybauch. Zärtlich küsste er ihre Wange und Amy musste bei so viel Liebe fortsehen.
„Jetzt wo ich Vater einer achtjährigen Tochter bin, kann ich nur eins sagen …“, mischte sich eine belustigte Männerstimme ein, die ihrem Bruder Luke gehörte, und der einen ganzen Haufen Pizzakartons hinaufschleppte. „… sogar als Pazifist überlege ich mir, echt eine Waffe zuzulegen.“ Er zwinkerte, als Zeichen, dass das natürlich Quatsch war, und verteilte die Pizzen. Grace trug ein paar Tüten hinauf, in denen der Salat und die Pizzabrötchen waren. Emily und Lucy schleppten noch eine Stehlampe hinein, die Marks Zerstörungswut gerade so entkommen war. „Deine Nachbarin unten fragt sich schon, was die ganzen gutaussehenden Kerle um diese Zeit in deiner Wohnung wollen. Ich habe ihr gesagt, ich sei dein Bruder, aber das nahm sie mir aus irgendeinem Grund nicht ab. Aus welchem Jahrhundert stammt sie schätzungsweise?“
Amy grinste. „Sei nicht so streng mit ihr. Auf jeden Fall aus einer Zeit, in der Anstandsdamen Pflicht waren.“ Sie nahm ihm die Pizza Kartons ab. „Wo kommt die Pizza her?“, fragte sie verdattert.
„Sie ist also der perfekte Wachhund.“ Luke grinste breit. „Ein Gruß vom Chief höchstpersönlich“, vermeldete Luke und lächelte matt. „Es ist Freitagabend. Normalerweise wären wir jetzt alle bei ihm, und da er nicht helfen konnte, wollte er seinen Anteil beisteuern.“ Seine Erklärung ließ Amys Augen schmal werden.
Emily trat an ihrer Schwester vorbei und streichelte ihr sanft über das Haar. „Jetzt bist du in Sicherheit, meine Süße.“
Amy schluckte, als sie ihre liebevolle und verrückte Familie in ihrem winzigen Wohnzimmer stehen sah und beobachtete wie sie sich über die Pizza hermachten. Sie sah ihre Geschwister lachen und scherzen, beachtete ihre Schwestern, die das große Los in der Liebe gefunden hatten, und fragte sich, wie sie in dieses Puzzle hineinpasste? Es kam ihr immer schon so vor, als sei sie ein Teil mit eckigen Kanten, während die anderen runde hatten. Wie ein Fremdkörper kam sie sich vor, der selbst jetzt, wo er das gute vor Augen hatte, es nicht richtig fassen konnte. Plötzlich bekam sie schlecht Luft und floh überfordert mit einer fadenscheinigen Ausrede nach unten, um etwas Wichtiges heraufzuholen. In Wahrheit ging sie bloß ein paar Schritte die Straße entlang und ließ sich auf das Mäuerchen an einem Vorgarten nieder. Was stimmte nicht mit ihr? Amy fröstelte gegen den frischen Wind, doch die Kälte belebte ihren Geist und bewirkte, dass diese bösen Gedanken im Keim erstickt wurden. Ihre Familie war großartig und sie wusste, sie hatte die richtige Entscheidung getroffen, nach Jarbor Hydes zurückzukehren, auch wenn es lange gedauert hatte, sie zu fällen. Es würde ihr noch ewig wie ein elender Rückschritt vorgekommen, weil es ihr vor ein paar Jahren so dringend erschienen war, von hier fortzukommen. Plötzlich hatte sie erkannt, dass sie bisher immer nur geflohen war. Vor dem Streit mit ihrem Vater war sie in Marks Arme geflüchtet und dann war sie vor Mark abgerückt, und zwar in eine Stadt ohne Anker. Sie wollte sich endlich erwachsen benehmen und auch als verantwortungsbewusste Frau wahrgenommen werden. Nicht bloß die jüngste Carhill-Schwester oder die Freundin von Mark, dem vermeintlich aufstrebenden Star. Es ging ihr doch nur darum sich selbst zu entdecken, herauszufinden wer und was sie war und was sie ausmachte, ohne sich nach irgendwem zu richten. Abgesehen davon wollte sie endlich ihren Platz in der Familie einnehmen. Sie waren das unfassbar Beste, was sie besaß. Das durfte sie nicht weiter mit Füßen treten, aber ihrer Verschworenheit zuzusehen, war einfach zu viel. Sie blickte zum Himmel hinauf, wo einzelne Möwen kreisten. Wie hatte sie dieses Geräusch vermisst? Das Kreischen der Möwen wurde durch den Motor eines Motorrads unterbrochen und Amy richtete den Blick auf das Gefährt, das vor ihr in die Einfahrt eines leer stehenden Hauses fuhr. Sie starrte darauf ohne sich rühren zu können und öffnete den Mund, ehe sie ihn wieder zuklappte. Der Mann, der dort vom Motorrad stieg und den Helm abzog, kam ihr wahnsinnig bekannt vor. Bis jetzt hatte er sie noch nicht gesehen, ihr bloß den Rücken zugewandt und betrachtete das Haus vor ihm, ehe sich sein Blick auf seine Umgebung richtete, als wolle er sich absichern, dass keiner ihn beobachtete. Sein Blick blieb an ihr hängen und er erstarrte. Sein Gesichtsausdruck war überrascht und geradezu ungläubig. Das überspielte er jedoch mit einem hinreißenden Lachen.
„Das glaube ich jetzt nicht!“, entfuhr es ihm und Amy rührte sich immer noch nicht. Geschmeidig kam er auf sie zu. „Man könnte meinen, ich sei ein Orakel.“
Eilig richtete sie sich auf, kniff die Augen zusammen und trat ihm mitten auf der unbefahrenen Straße entgegen. „Sie … was tun Sie hier?“, fragte sie verdattert.
„Ich ziehe gerade ein.“
„Womit genau?“
Er eilte jedoch zu seinem Motorrad zurück, wo er aus dem Helmfach eine Pappschachtel zauberte. „Einzig und allein Einstein und ich ziehen ein.“
„Einstein?“, wiederholte sie irritiert und rechnete mit einer Ratte oder Ähnlichem.
Er öffnete grinsend die Schachtel und Amy sah einen Kaktus darin. „Darf ich vorstellen? Einstein!“
„Wer bitte nennt einen Kaktus Einstein?“ Sie hob herablassend die Brauen an und sah ihn skeptisch an. „Wer gibt Pflanzen überhaupt Namen? Ist der Kaktus überhaupt eine Pflanze?“
„Das meint sie nicht so, Einstein! Wir ignorieren diese verrückte Frau einfach.“
Sie überging diese Bemerkung und stemmte die Hände in die Hüfte. „Haben Sie keine Möbel oder irgendwelche persönlichen Sachen?“
„Ah - ich vergaß, Sie sind Miss Marple … Mein Umzugsunternehmen hat alle Sachen gestern vorbeigebracht“, erklärte er und zwinkerte ihr gutgelaunt zu. „Zufrieden? Oder wollen Sie noch Namen und Adressen der Umzugsfirma haben, um meine Angaben zu überprüfen?“ Der Wind wehte seine Haare in die Stirn und Seine Augen hatten im Licht der Abendsonne eine satte grüne Farbe.
„Ihr Umzugsunterhemen?“, echote sie und der Fremde sah sie stirnrunzelnd an.
„Ist es bloß der Schock oder sind Sie einfach ein bisschen … ähm … seltsam?“
Sie kniff ärgerlich die Augen zusammen. „Und Sie? Sind Sie bloß gern ein Arsch oder haben Sie einen Schaden?“
Er zuckte beiläufig mit den Achseln. „Man sagt mir eine gewisse Unfreundlichkeit nach“, gab er zu.
„Das ist ein Scherz, oder? Ein schlechter noch dazu?“
„Ich muss Sie enttäuschen. Ich mache nie Scherze - zumindest keine Schlechten.“ Er trat von ihr ein wenig zurück und begann seine Taschen von der Maschine zu lösen.
„Dann ist es also eher ein Zufall? Das soll ich Ihnen glauben?“, rief Amy ihm nach. „Ernsthaft?“
„Zufall? Zufälle gibt es nicht. Scheinbar hat das Schicksal was mit uns beiden vor!“, sagte er zwinkernd und lief auf die Eingangstür zu. „Ach so, ich bin übrigens Sam, falls Sie eine Personenüberprüfung durchführen wollen. Und wer sind Sie?“ Er grinste breit über seine Stichelei und fand sich offenbar sehr komisch.
„Das müssen Sie schon selber herausfinden!“, schnappte sie und errötete, als er lachend erwiderte: „Also muss ich erst auf ihrem Klingelschild nachsehen? Echt jetzt?“
Passenderweise rief ihr Bruder Luke in diesem Augenblick nach ihr: „Amy? Wo steckst du denn bloß?“
Sam stieß ein Lachen aus, dass Amy sauer machte, und hob die Hand zum Abschied, bevor er die Haustür ins Schloss fallen ließ. Sie sah zu Luke hoch: „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein ganz schreckliches Timing hast, Luke?“
„Das ist ein Carhill-Gen! Wusstest du es noch nicht?“ Er feixte und fügte hinzu: „Als du ungefähr zehn warst, hatte ich diese Nachhilfestunde mit Mick, und als es endlich zur Sache ging, kam meine kleine Schwester herein und vermasselte mir die Tour. Dabei war er so ein heißes Sahneschnittchen.“
„Danke Luke für die Auffrischung, ich glaube, die Erinnerung habe ich verdrängt“, murrte Amy schlechtgelaunt und fragte sich, ob sie tatsächlich all ihre Karmapunkte verspielt hatte?